Freitag, 5. Juni 2009

Die Vögelisierung des Direktmarketings…



…schreitet unaufhaltsam voran. Sich die "Vögele Dialogmethode" als "Registered Trademark" eintragen zu lassen, ist nur peinlich. Die Dialogmarketing-Gemeinde zusätzlich mit einem neuen Qualitätssiegel zu nerven, krönt das Ganze. Wann werden die Postler begreifen, dass Dialog auch ohne Monopol funktioniert?


Stolz berichtet das im schönen Königstein ansässige Siegfried Vögele Institut der Deutschen Post, man habe ein Gütesiegel für Mailings entwickelt. Zweck sei es, "die Qualität nach objektiven Gesichtspunkten zu bewerten." (Presseerklärung SVI) Und wie macht man das? Nun, ganz einfach:

"Für den Erfolg von Dialogmarketing-Aktionen spielt die dialoggerechte Gestaltung der Werbemittel eine ausschlaggebende Rolle. Entsprechend erfolgt die Überprüfung der Mailings auf Basis der Prof. Vögele Dialogmethode®."
Aha, damit Dialog funktioniert, muss er dialoggerecht gestaltet sein: schöner hätte es Tautolos, der Gott des Zirkelschlusses auch nicht sagen können. Aber es geht noch weiter:
"Das Gütesiegel wird für Mailings vergeben, die überdurchschnittlich gut und aufmerksamkeitsstark gestaltet sind."
Nicht schlecht: ein Checklisten-Auswerter will mir sagen, ob mein Mailing was taugt oder nicht. Und das wohlgemerkt, noch bevor ich es rausgeschickt habe. Das muss der Stein der Weisen sein, den die Postler da gefunden haben...  (www.sv-institut.de)

Tempo am Arsch?


"Endlich – Tempo gibt es jetzt auch als Toilettenpapier", so stellen sich das jedenfalls die Markenverantwortlichen von SCA vor. Mal wieder der Versuch einer Markendehnung - aber kann der klappen?


Wer hat ausgerechnet Klopapier von Tempo vermisst? Ist es nicht vielmehr so, dass der erzwungene - weil alternativlose - Einsatz eines Papiertaschentuchs  an so manchem stillen Örtchen meistens unbefriedigende Ergebnisse zeitigte? Was ja auch kein Wunder ist, angesichts der funktionalen Unterschiedlichkeit der beiden zu reinigenden Körperteile. Das ist das Problem jeder Marken-Verlängerung: hält es die Marke aus oder nicht? Und wenn es  auch noch eine Marke ist, die vor Kraft kaum laufen kann, weil sie einer ganzen Produktkategorie ihr "Brand"-Eisen aufgeprägt hat? Die klugen Strategen bei SCA wissen das natürlich alles selber: Laut w&v-Meldung hat man dort das gesamte Markenportfolio neu ausgerichtet und sieht Tempo als "die neue strategische Marke im Bereich der 'Persönlichen Hygiene'", um damit "den Marktanteil im Toilettenpapiersegment (zu) erhöhen". 

Ich halte das für Marketing-Wunschdenken, wo die Gier mal wieder größer war als die Vernunft: Nase putzen und Hintern abwischen lassen sich zwar auf gut hessisch beides mit "abbutze" bezeichnen, das scheint mir aber auch die einzige Gemeinsamkeit zu sein. Zum Trost sei auf Beiersdorf, den Großmeister der Markendehnung mit NIVEA verwiesen: dort glaubte man in den dreissiger Jahren, die Kundschaft mit einer NIVEA-Zahncreme verwöhnen zu müssen. Klar, ist doch auch eine Creme - oder? Was meint Ihr, wie erfolgreich dieses Produkt war? 



Zum Geleit



Head-Quarter wird in schöner Regelmässigkeit Anmerkungen zu aktuellen Marketing- und Kommunikationsthemen liefern. Online-Marketing ist dabei genauso ständiger Gegenstand dieses Blogs, wie die vielen anderen modischen Bindestrich-Disziplinen, von Dialog- über Guerilla- bis Word-of-Mouth-Marketing. Mit Vorliebe wird dabei Unsinniges aufgespiesst, kritisiert oder einfach nur verhöhnt. Das ganze soll ja Spass machen, dem Autor zumindest:-)). Und da wir im Internet sind, ein wohlmeinender Hinweis unserer Rechtsabteilung: Alle hier geäußerte Kritik gilt immer und ausschließlich dem Gegenstand, niemals den damit verbundenen Personen oder Firmen. Capisce?